Schweizer Graphik von Pauli bis Gertsch

Schweizer Graphik von Pauli bis Gertsch

Beschreibung
Werke

Künstler werden oft von anderen Künstlern zuerst wahrgenommen, von Kollegen der eigenen Generation ebenso wie von älteren. Fritz Pauli (1891-1968) erging es nicht anders. Der um dreissig Jahre ältere Albert Welti (1862-1912) erwarb 1909 seine Radierung Susanna und empfahl ihm, zu Peter Halm nach München zu gehen. In dessen Kompositionsklasse war Pauli bis 1914 Gast. Werke der Münchner Künstlergruppe Blauer Reiter dürften ihm in jener Zeit nicht entgangen sein. Schon in jungen Jahren errang der Schweizer insbesondere mit seiner expressionistischen Druckgraphik Anerkennung. Bereits 1926 publizierte der Berner Auktionator August Klipstein das Verzeichnis seiner Druckgraphik. Zu seinen engeren künstlerischen Freunden zählten die gleichaltrigen Ignaz Epper (1892-1969) und Johann Robert Schürch (1895-1941). Alle drei liessen sich anfangs der dreissiger Jahre im Tessin nieder. Der Zürcher Kaufmann und Sammler Kurt Sponagel (1887-1962) hat nicht nur die Graphik von Pauli, dem er freundschaftlich verbunden war, in grösstmöglicher Vollständigkeit gesammelt, sondern ebenso jene von Epper und Schürch. Seine Sammlung übergab er 1959 der Graphischen Sammlung der ETH. Besonders mit der Druckgraphik von Pauli besitzt diese damit einen der wichtigsten Schweizer Beiträge zum Expressionismus.

Einen weiteren Beitrag zu dieser kunsthistorisch eminent wichtigen Bewegung verdankt die Schweiz Ernst Ludwig Kirchner, einem Hauptvertreter der Gruppe Die Brücke. Den Anforderungen des Militärdienstes im Ersten Weltkrieg nicht gewachsen, war Kirchner körperlich und seelisch zusammengebrochen und hatte im Oktober 1915 in einem Sanatorium in Königstein erste Pflege gefunden. Eine kurze Reise zur Erholung nach Davos im Januar 1917 fiel zum Schrecken des Künstlers mitten in einen aussergewöhnlich kalten Winter. Dennoch kehrte er im Mai desselben Jahres wieder dorthin zurück, wo er, unterbrochen von wenigen Reisen, bis zu seinem Freitod 1938 lebte und arbeitete.

Im Unterschied zu Thomas Mann, der seinen Blick fast ganz auf Patienten und Touristen in den Davoser Sanatorien und Hotels richtete, um ihr Treiben in seinem grossartigen Roman Der Zauberberg zu verarbeiten, war Kirchner von Anfang an fasziniert vom einfachen Leben der Bündner Bauern und deren Verwurzelung in der Natur. Wie die Bergbauern bewohnte er eine einfache Holzhütte ohne jeden Komfort. Im Juni 1923 veranstalte die Kunsthalle Basel eine Ausstellung mit Werken Kirchners aus seiner Davoser Zeit, die bei Albert Müller, Hermann Scherer und Paul Camenisch einen tiefen Eindruck hinterliess. Ihre persönliche Begegnung mit Kirchner führte an Silvester 1924 zur Gründung der Basler Künstlervereinigung Rot-Blau. Auch wenn ihre Holzschnitte den Einfluss Kirchners deutlich zeigen, offenbaren sie eine je eigene künstlerische Sprache.